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Ab wann darf man etwas Gefundenes behalten?

Einigen ist es vielleicht schon einmal passiert. Man findet irgendwo etwas, das man am liebsten behalten würde, weil man es selbst gut gebrauchen könnte. Doch darf man einen gefundenen Gegenstand behalten und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Der Fund wird in Artikel 720 ZGB geregelt. So heisst es darin:

  1. Wer eine verlorene Sache findet, hat den Eigentümer davon zu benachrichtigen und, wenn er ihn nicht kennt, entweder der Polizei den Fund anzuzeigen oder selbst für eine den Umständen angemessene Bekanntmachung und Nachfrage zu sorgen.
  2. Zur Anzeige an die Polizei ist er verpflichtet, wenn der Wert der Sache offenbar 10 Franken übersteigt.
  3. Wer eine Sache in einem bewohnten Hause oder in einer dem öffentlichen Gebrauch oder Verkehr dienenden Anstalt findet, hat sie dem Hausherrn, Mieter oder den mit der Aufsicht betrauten Personen abzuliefern.

Wird somit ein «Fünfliiber» auf dem Trottoir einer Strasse gefunden und man hat nicht gesehen, wer ihn verloren hat, darf dieser problemlos behalten werden. Bleibt hingegen eine Uhr in einem Zug liegen, so ist sie dem Zugpersonal oder beim Fundbüro der zuständigen Bahn abzugeben.

Zudem muss der Fund vom Finder angemessen aufbewahrt werden. Die Aufbewahrungszeit beträgt fünf Jahre ab Bekanntmachung, wenn der Eigentümer unbekannt ist, oder ab dem Zeitpunkt der Anzeige an den Eigentümer. Die Polizei kann die Sache dagegen bereits nach einer Aufbewahrungszeit von einem Jahr öffentlich versteigern, wenn sich kein Eigentümer meldet.

Kommt der Finder den genannten Pflichten nach und kann der Eigentümer während der Verwirkungsfrist von fünf Jahren von der Bekanntmachung oder Anzeige an nicht festgestellt werden, so erwirbt der Finder Eigentum am Fund (Art. 722 Abs. 1 ZGB). Kann der Eigentümer der verlorenen Sache ausfindig gemacht werden, hat der Finder Anspruch auf Ersatz aller Auslagen. Nebst dem Anspruch auf Ersatz der Auslagen hat er laut Gesetz einen Anspruch auf einen «angemessenen» Finderlohn. In der Praxis geht man dabei von 10 Prozent des Wertes der verlorenen Sache aus. Allerdings sinkt dieser Prozentsatz bei sehr wertvoller Ware. Bei einem Fund von 1 Million Franken kann man also nicht mit 100’000 Franken Finderlohn rechnen. Dies würde mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr als angemessen angesehen werden. Bei Fund in einem bewohnten Hause oder in einer dem öffentlichen Gebrauch oder Verkehr dienenden Anstalt wird der Hausherr, der Mieter oder die Anstalt als Finder betrachtet. Diese Personen haben aber keinerlei Anspruch auf einen Finderlohn.

Fazit: Kommt ein Finder all seinen Pflichten nach und meldet sich der Eigentümer innerhalb der fünf Jahre nicht, so wird der Finder automatisch neuer Eigentümer. Wer die Finderpflichten hingegen verletzt, wird gegenüber dem Verlierer aus der Geschäftsführung ohne Auftrag schadenersatzpflichtig.