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Abschluss von Verträgen bei Minderjährigen – was ist möglich?

Um einen Vertrag abzuschliessen, muss nebst der Übereinstimmung über den Vertragsinhalt, der korrekten Form und legalem Inhalt auch die Vertragsfähigkeit und im Grundsatz die Handlungsfähigkeit nach Art. 13 ZGB gegeben sein.

Dabei muss man sich bereits mit dem ersten Punkt dieser Aufzählung genauer befassen. Denn eine solche Übereinstimmung kann nach Art. 1 Abs. 2 OR auch ohne ausdrücklich kommunizierten Willen geschehen – so reicht bspw. beim Einkauf das Ablegen der Ware auf das Fliessband bei der Kasse. Solange die wesentlichen Vertragselemente (essentialia negotii) erfüllt sind – dies betrifft insbesondere das Vertragsobjekt und die entsprechende Gegenleistung – ist ein Vertrag nach Art. 2 Abs. 2 OR als gültig zu betrachten. Werden Nebenpunkte – so bspw. der Ort der Erfüllung, Zahlungsart oder Modus der Übertragung – nicht vertragsgemäss erfüllt, wird der Vertrag dennoch als gültig angesehen und die vollen Leistungen sind zu erbringen. Dies gilt allerdings nur solange, wie ein solcher Nebenpunkt für keine Partei von wesentlicher Bedeutung ist. Ob ein solcher Nebenpunkt im Einzelfall für eine Partei wesentlich ist, ist mittels Auslegung der Parteiinteressen zu ermitteln. 

Damit eine Willensäusserung im Kontext eines Vertrages als gültig betrachtet wird, muss sich die meinungsäussernde Person in erster Linie über die Auswirkungen bewusst sein. Dieses Bewusstsein wächst zusammen mit der Urteilsfähigkeit nach Art. 16 ZGB, welche mit der Volljährigkeit zur Handlungsfähigkeit führt (Art. 13 ZGB). Die Urteilsfähigkeit – also die Fähigkeit, das Ausmass der eigenen Handlungen abzuschätzen und entsprechend danach zu handeln – wächst mit zunehmender Erfahrung. Der Gesetzgeber bringt diese Wertung in Art. 16 ZGB damit zum Ausdruck, indem er die Urteilsfähigkeit dann annimmt, wenn eine Person in der Lage ist, vernunftgemäss zu handeln. Die Vernunft ist die Fähigkeit seine eigenen Handlungen abschätzen zu können, die Wirkungen seiner Handlungen auf sich selbst zu begreifen sowie die Bindungswirkung einer Handlung zu erkennen.

Minderjährige sind somit grundsätzlich nicht handlungsfähig und nach den Voraussetzungen eines Vertrages ist es ihnen grundsätzlich nicht möglich, Verträge abzuschliessen. Hier macht der Gesetzgeber allerdings Ausnahmen. Wenn Urteilsfähigkeit gegeben ist, allerdings die Volljährigkeit noch nicht, werden solche Personen beschränkt handlungsunfähig genannt. Eine erste Ausnahme macht der Gesetzgeber schon mit Art. 19 ZGB. Laut diesem können nämlich urteilsfähige handlungsunfähige Personen – also insbesondere Minderjährige mit Einsicht über die Auswirkungen – mit Einstimmung des gesetzlichen Vertreters Verträge abschliessen. Weiter dürfen Minderjährige Verträge über geringfügige Angelegenheiten des Alltags (bspw. der Kauf von Süssigkeiten an einem Kiosk) ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abschliessen. Auch selbst verdientes Geld steht dem Kind nach Art. 323 ZGB frei zur Verfügung. Schenkungen ohne Gegenleistung von Seiten des Empfängers sind zulässig (Bspw. Begünstigung im Rahmen eines Vermächtnisses oder lebzeitige Schenkungen, solange diese keine Verpflichtungen mit sich bringt). Weiter dürfen Eltern dem Kind zugewandte Beträge nach Art. 321 I ZGB nicht verbrauchen.

Geschäfte (Verträge) welche über die oben genannten Beispiele hinausgehen und nicht mehr im «Taschengeld-Rahmen» oder im alltäglichen Rahmen liegen (so dürfen Kinder sicherlich keine Grundstückverträge abschliessen) können von beschränkt handlungsunfähigen Personen nicht abgeschlossen werden, sind als nichtig anzusehen und eventuell bereits gewährte Leistungen sind zurückzufordern.

Mitunter kann die Abgrenzung bezüglich alltäglichen Geschäften schwierig sein. Viele Minderjährige besitzen heute ein Handy, ein Handy Abo, ein Fahrrad oder ab 14 Jahren das erste eigene Mofa. Welche Verträge in diesen Fällen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abgeschlossen werden können, hängt massgeblich von der konkreten Reife des Minderjährigen ab. Ebenfalls relevant sind die Einkünfte des Minderjährigen, welche z.B. im Rahmen einer Lehre generiert werden. Im Grundsatz sollte aber davon ausgegangen werden, dass grössere Anschaffungen wie Handys, Handy Abos u. dgl. der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach Art. 19a Abs. 1 ZGB bedürfen. Die Zustimmung kann von Gesetzes wegen ausdrücklich oder stillschweigend vor oder nach dem Vertragsschluss erfolgen.